Es ist Montag, der 30. September 2014, 03:40 Uhr – Abfahrt! Das Reisefieber war nicht mehr zu ertragen, kurzentschlossen haben wir vier Tage Fès in Marokko gebucht. Nach unseren Erlebnissen in Marrakesch hatten wir ohnehin Lust auf mehr. Wir haben uns wieder für ein Riad entschieden und buchen bei booking.com das Riad Ghita, direkt nachdem wir die Flüge bei Ryanair bestätigt bekommen haben.
Die Maschine nach Fès ist ausgebucht, wir freuen uns die 40 Euro Aufpreis für eine Sitzplatzreservierung am Notausgang, und das damit verbundene Priority-Boarding, investiert zu haben. Der Flug verläuft ereignislos, bis auf den kurzen Augenblick in dem in der Sitzreihe gegenüber, ein glatt rasierter, arabisch aussehender Mann seinen Kulturbeutel öffnet. Er entnimmt eine Flasche Rosenwasser und reibt sich damit das Gesicht und die Arme ein.
Also gut, klingt langweilig, wird aber interessant wenn man den Kluftinger-Krimi „Laienspiel“ gelesen hat.
Überpünktlich um 08:05 Uhr Ortszeit (angeblich) landen wir in Fès.
Am Flughafen erwartet uns, nach der endlosen Prozedur der Passkontrolle, ein Taxifahrer des Riads. Er bringt uns sicher durch das Verkehrsgewühl zu unserer Unterkunft.
Wir werden von der Herbergsmutter Sanae mit Tee und Gebäck empfangen. Sie fragt uns was zur Hölle wir so lange gemacht haben. Wir gucken verdutzt und entschuldigen uns mit der langen Schlange vor der Passkontrolle. Entgegen unserer üblichen Gepflogenheiten folgen wir einem Tip auf Tripadvisor und buchen noch für den selben Tag einen Guide, der uns durch das Labyrinth von Gassen in Fès führen soll. Der Spaß soll 300 MAD kosten (ca 27€). Es ist jetzt (vermeintlich) 09:20 Uhr und wir verabreden uns für 11:00 Uhr. Zeit genug um sich im Zimmer ganz entspannt einzurichten und noch auszuruhen.
Etwas irritiert nehme ich die Uhrzeit auf dem Satreceiver war, dort ist es genau eine Stunde später als auf dem sich automatisch einstellenden iPad und iPhone. Ich google eine Internetseite die mir die Uhrzeit der Applegeräte bestätigt und die auch völlig im Einklang mit der ausgewiesenen Ankunftszeit von Ryanair ist.
Beruhigt dösen wir weg. Um 10:15 Uhr klopft es an unserer Tür, Mama Riad fragt wo wir bleiben, unser Guide würde warten. Wir verstehen gerade gar nichts mehr und werden darüber aufgeklärt, dass es 11:15 Uhr ist. Uns bleibt keine Zeit darüber nachzudenken, unser Guide, der sich als kleine strenggläubige Muslima herausstellt, beginnt ihre Führung mit uns.
Wir sind noch keine 500 Meter weit gekommen, da sind wir schon über die geschichtliche Entwicklung Marokkos von 2000 v.Chr. bis 200 n.Chr. aufgeklärt. Die Frau spricht wie ein Maschinengewehr, und das rattert auch noch in englisch. Es braucht einige Zeit bis es ihr zwischen den geschichtlichen Ausführungen gelingt ein Taxi zu stoppen. Viele Taxifahrer ignorieren sie oder fahren weiter wenn sie ihnen das Ziel nennt.
Das liegt zum einen sicher daran, dass sie eine Frau ist und zum anderen, dass die Taxifahrer von einer einheimischen nur den offiziellen Fahrpreis auf dem Taximeter verlangen können. Schliesslich hat sie doch noch Erfolg und nutzt unsere zehnminütige Taxifahrt um uns bis in die Neuzeit aufzuklären. Das Taxi dürfen wir dann bezahlen, knapp neunzig Cent sind wirklich günstig.
Unser Tor zur Medina ist eins der größten in Fès, das Bab Boujloud.
Und wieder einmal tauchen wir ein in diesen Schmelztiegel aus Gerüchen, Menschen, Gassen und Gebäuden.
Wir besichtigen die Universität von al-Qarawiyīn aus dem 14. Jahrhundert, gegründet von einer Frau, können in Moscheen blicken und erhalten von unserer Führerin einen intensiven Islamunterricht.
Durch winzige, vom Tourismus abgeschiedene Gassen navigiert sie uns zu den einschlägigen Vierteln, vorbei an den Fleischern hinab zu den Handwerkern, Gerbern und Färbern.
Leider bekommt unsere Führung dann doch noch sehr touristische Züge. Zum Mittagessen landen wir mehr oder weniger ungefragt in einem typischen Touristenschuppen. Hier werden busseweise Menschen abgekippt, die dann zu überteuerten Preisen abgefüttert werden. Das Lokal ist dementsprechend groß, aber immerhin schön. Auch das Essen ist gut, nur eben viel zu teuer. Alles erinnert an unseren ersten Abend in Marrakech.
Da wir aber schon längst nicht mehr im geringsten wissen wo wir sind und unsere Führerin nicht verlieren wollen, spielen wir mit.
Nach dem Essen landen wir dann auch noch in der Teppichfabrik, unsere Laune sinkt und die unserer Vorzeigemuslima und des Teppichmanger auch, als wir kurz und bündig erklären, dass wir nicht im geringsten daran interessiert sind einen Teppich auch nur anzufassen, geschweige denn zu Gesicht zu bekommen.
Auch in der Tuchfabrik sind wir trotz Anprobe und Foto nicht zu einem Kauf zu bewegen.
Kurz bevor wir in die Gerberei gezerrt werden, können wir noch dankend ablehnen, zu frisch sind noch die Erinnerungen an Marrakech. Wir wollen weder den Gestank noch die anschliessende Verkaufsveranstaltung. Etwas ratlos zieht unser Guide mit uns weiter, noch eine Moschee und wir sind nach knapp fünf Stunden wieder im Riad.
Als ich die 300 MAD bezahlen will, sollen es plötzlich 400 MAD sein. Das stünde ja auch auf ihrer Preisliste, die sie uns stolz präsentiert. Unsere Herbergsmutter Sanae schaltet sich ein, sie hat uns ja auch den Preis genannt. Nach einigen Diskussionen unter Frauen und einem Telefonat sind 300 MAD dann doch genug.
Wir sind völlig erschöpft und wollen nur noch duschen und schlafen. Um 19:30 Uhr wartet ja noch unser Abendessen auf uns, welches wir leichtsinniger Weise morgens schon bestellt haben.
Kurz vor dem Essen erreicht uns eine Mail von Ryanair. Die König von Marokko hat eine Änderung der Uhrzeit beschlossen. Das führe jetzt dazu, dass wir für den Rückflug, der jetzt eine Stunde später ist, neu einchecken müssten und nach Möglichkeit unsere Boardkarten erneut drucken.
Genervt erstelle ich die Boardkarten neu, drucken ist eher schlecht, sollen sie doch ein Stück vom iPad abreißen. Eventuell hilft ja das Riad, ich habe aber gerade keine Lust mich darum zu kümmern.Zumindest ist jetzt auch die Zeitdifferenz vom frühen Morgen endgültig geklärt.
Wir bekommen soviel köstliches Essen aufgefahren, dass es auch für vier Personen gereicht hätte. Vor der Tajine noch eine Vorspeisenplatte und danach zwei Kilo Obst.
Völlig überfressen und mit wunden Füssen fallen wir ins Bett.
Lange Tage und angenehme Nächte!
Sascha
Position:Derb Bouajara,Fès Médina,Marokko