9.4.2016 – 14.4.2016
Durch die Zeitverschiebung von plus 6 Stunden werden wir mit dem Flug in den neuen Tag katapultiert. Es ist morgens kurz vor sieben Uhr Ortszeit als wir in Hongkong aufsetzen. Geschlafen haben wir quasi nicht im Flieger und jetzt gilt es nach 11 Stunden Flug noch 7 Stunden bis zum Einchecken in unserem Zimmer zu überbrücken.
Unser Gepäck deponieren wir teilweise in der Airport-Express-Aufbewahrungsstelle. Dann setzen wir mit der Star Ferry über zurück auf das Festland.
Dort schlendern wir durch Einkaufszentren und entlang der Nathan Road. Wir trinken einen Kaffe und ein Bier im YMCA Restaurant und essen dann am Hafen – zu unserer Schande bei einem Thailänder.
Arg gebeutelt vom Jetlag schaffen wir es in unsere Unterkunft. Wir haben nur noch ein Ziel – in unserem Wohnklo zusammenbrechen und einschlafen. Das praktizieren wir dann auch ausgiebig. Am frühen Abend haben wir unseren Jetlag etwas auskuriert und erkunden die nähere Umgebung. Gegessen wird bei einem Vietnamesen (ja, ich weiss – wir sind in Hongkong, man sollte chinesisch essen – aber es sah zu gut aus!). Sehr zufrieden kehren wir wieder in unsere Wohnzelle zurück und fallen in einen weiteren tiefen Schlaf.
Ja, unser Zimmer ist so klein wie der Text zuvor vermuten läßt. Der Raum ist keine zwei Meter breit und inkl. Bad bestenfalls fünf Meter lang. Auf diesen 10 Quadratmetern ist ein Bett, Bad (Klo, Dusche, Waschbecken als kombinierte Nasszelle) und eine provisorische Garderobe sowie ein paar Ablagen, auf denen eine Kaffeemaschine thront, untergebracht.
Den nächsten Tag beginnen wir auf Hongkong Island. Da die Wettervorhersage nichts gutes hoffen lässt, und es gerade trocken ist, beschließen wir spontan die Tour auf den Peak zu wagen. Die Aussicht von dort oben soll berauschend sein. Vorher schauen wir uns noch rasch den Man Mo Tempel gleich um die Ecke an.
Nachdem wir die Erfahrung gemacht haben, dass unsere Octopus Card in den ersten drei Tagen nicht für kostenlose Fahrten mit dem Bus berechtigt (wir kommen gar nicht erst rein, da kein Guthaben auf der Karte ist) beheben wir diesen Misstand umgehend und kehren zum Busterminal in Central zurück. Die Linie 15 bringt uns quer durch die Stadt hinauf auf den Peak. Wir sitzen im Doppelstöcker vorne und genießen die Stadtrundfahrt. Leider realisieren wir mit zunehmender Höhe über dem Meeresspiegel auch die zunehmende Wolkendecke in die wir schlussendlich gänzlich eintauchen. Zu sehen gibt es ausser Nebel- und Wolkenschwaden nichts.
Für den Abstieg wählen wir dann als Trost, ganz touristisch die alte Zahnradbahn.
Mit dem Bus 15C (modern aber farblich von innen am Rande der Geschmacklosigkeit – Lila) fahren wir weiter bis zum Star Ferry Terminal. Erneut setzen wir mit diesem traditionellen Verkehrsmittel über nach Kowloon. Im Kowloon Park suchen wir etwas Ruhe zwischen lebensgroßen Manga-Figuren und erkunden dann das Territorium Yau Ma Tei, das uns später die großartige Kulisse für den Nachtmarkt bieten soll. Nicht aber ohne vorher den Tin Hau Tempel ausgiebig zu besichtigen.
Mit Buddhas Segen gehts mit der Metro zurück in unsere Wohnzelle wo wir einen ausgiebigen Mittagsschlaf halten.
Zeit also über die Einwohner Hongkongs zu philosophieren.
Ja, wie ist er nun der Hongkong-Chinese? Ich würde sagen etwas hilflos, unmündig, hektisch gelegentlich auch rüpelhaft (natürlich nur nach unserem Weltbild) aber gleichzeitig auch höflich und gut organisiert.
Aber eines ist er auf alle Fälle – Smartphonesüchtig! Wenn man sich unter Face Down Generation noch nichts vorstellen kann, hier erkennt man sofort worum es geht. JEDER unter 60 hat so ein Teil in der Hand und benutzt es ohne Unterlass – überall. Das auf den Gehwegen nicht haufenweise zusammengestoßene Menschen liegen grenzt an ein Wunder.
In Hongkong wird einem alles erklärt – überall und dauernd. In den Metrostationen ertönen endlos die Durchsagen die vor einem nassen Boden warnen, da es heftig geregnet hat (diese Ansage spielt ab dem geringsten Nieselregen). Zudem wird man fortwährend aufgeklärt den Handlauf an der Rolltreppe zu benutzen und die Kinder an die Hand zu nehmen. Zu den Stoßzeiten stehen an den Bahnsteigen uniformierte und lebendige Stoppschilder, die die Menschen davon abhalten in den bereits zum bersten gefüllten Zug einzusteigen.
Auf dem Asphalt der Straßenübergänge steht zweisprachig ein Hinweis – Rechts gucken oder eben Links gucken. Es wird vor einfach allem gewarnt oder auf alles noch so offensichtliche hingewiesen.
Hektisches Laufen durch die Strassen und auf Rolltreppen ist an der Tagesordnung. Der Mundschutz ist überall zu sehen. Hierbei handelt es sich nicht um Hypochonder sondern um eine Geste der Höflichkeit. Der Mundschutzträger ist krank und will niemanden anstecken. Der selbe höfliche Mensch lässt wenig später einen Rülpser entweichen, dass die Wände zittern – gehört hier halt zum guten Ton.
Damit will ich das philosophieren dann auch beenden.
Der Abend gehört dem Nachtmarkt in Yau Ma Tei. Der Tin Hau Tempel teilt den Markt in Nord und Süd. Wir beginnen im Norden und bestaunen die vielen grell beleuchteten Stände mit ihren schrillen Angeboten. Hier bekommt man vom Handyring (der aktuelle Hype hier – ein Ring den man sich auf die Handyrückseite klebt und dann ansteckt, so dass einem das teure Gerät nicht mehr runterfallen kann, oder wie wir später sehen man gleichzeitig zwei Geräte mit einer Hand halten kann!) bis zu kopierten Anziehsachen von Polo, Hilfiger, Boss oder Armani. Zudem alles was es an Handyzubehör gibt. Wir sehen auch Bose Mini Aktivboxen, die offensichtlich auch gefälscht sind.
Etwas abseits findet sich auch eine große Auswahl an Sexspielzeug. Gesäumt wird der Markt von kleinen Restaurants, Bordellen und Elektronikläden. Es ist ein amüsantes buntes Chaos.
Nach einem Essen in einem einheimischen Restaurant laufen wir zurück zum Hafen. Wir nehmen die Star Ferry zurück zum Island und machen einige tolle Bilder von der erleuchteten Skyline. Der Schrittzähler zeigt 16.500 Schritte für diesen Tag und wir fallen erschöpft in unser Bett.
Es ist Dienstag der 12. April und wir machen eine Tempel-Tour. Wir beginnen mit dem Chi Lin Nonnenkloster, dem weltweit größten Komplex aus handgezimmerten Holzgebäuden. Kein Nagel wurde hier verwendet. Es gibt viele Buddhas zu besichtigen und wir geniessen die Ruhe. Hongkong ist laut und jeder Gegenpol sehr willkommen. Direkt an das Kloster schliesst sich der Nan Lian Garden an. Schöne Bonsaibäume (die tatsächlich noch kleiner sind als die Chinesen), alte Steine und eine schöne Pagode sind um einen mit Koi gefüllten Teich arrangiert. Ein wahrer Ort der Entspannung.
Wir fahren eine Haltestelle zurück nach Wong Tai Sin und besichtigen gemeinsam mit hunderten anderen Schaulustigen den Sik Sik Yuen Wong Tai Sin Tempel. Hier werden von den Gläubigen Räucherstäbchen entzündet damit ihre Wünsche in Erfüllung gehen (die armen Stäbchen haben kaum Zeit abzubrennen, da werden sie auch schon wieder von einem Angestellten entfernt). Vor den verschiedenen Altären wird kurz gebetet und dann geht es weiter. Der Tempel ist kunstvoll bemalt.
Wir essen Mittag in einem indischen Restaurant welches ein reichliches Buffett anbietet. Abends besuchen wir noch die Market Hall in der Nähe unserer Schlafzelle. Leider gibt es dort ausser Stoffen in allen Variationen und Farben nichts zu sehen.
Der nächste Tag beginnt mit sintflutartigen Niederschlägen. Wir warten ab bis diese nachlassen und schwimmen dann zur Metro. Ein gefährlicher Spießrutenlauf, da man permanent darauf achten muss, das einem ein kleiner Chinese nicht seinen Schirm in die Augen steckt.
Wir fahren nach New Kowloon, genauer nach Sham Shui Po. Dort gibt es einen Straßenmarkt und ein Elektronikkaufhaus, die Golden Computer Arcade. Hier gibt es den neuesten Schrei an Computergadgets und alles was man sich an Zubehör nur vorstellen kann. In den umliegenden Straßen wird Kleidung feilgeboten. Ab 2 Euro ist man dabei.
Unser Besuch auf der Rennbahn fällt dem anhaltenden Niederschlag zum Opfer. Zeit genug die Koffer zu packen, morgen geht es der Sonne entgegen – nach Bangkok.
Lange Tage und angenehme Nächte!