Marrakesch II Tag 2

Montag, 8. September 2014

Auf eins kann man sich hier ja bekanntlich verlassen, nämlich den Weckruf des Muezins. Morgens um fünf brüllt er uns, dank moderner Lautsprechertechnik und allergeringster Entfernung zum nächsten Minarett, lautstark aus dem Bett.
Geduldig nehmen wir die Belehrung über Gottes Größe und Gnade entgegen und schlafen wieder ein.

Als wir gegen 8:30 Uhr (die negative Stunde Zeitverschiebung nun eingerechnet) aufstehen ist die Haushälterin des Riads schon da. Sanaa bereitet uns das Frühstück zu und wir können sie mit der Hilfe unserer Arabischlernkarten davon überzeugen dieses auf der schönen Dachterrasse zu servieren.

Dank WLAN im Riad erreicht uns auch die frohe Botschaft, dass die verlorene Isi nun auch im Besitz eines Reisepasses ist und uns am Dienstag folgen will. Wir freuen uns und warten auf Jean Jaques, der sich für den Morgen angekündigt hat.
Pünktlich um 10:00 Uhr erscheint er und wir organisieren den Transfer von Isi und buchen auch gleich einen Ausflug ans Meer.

Danach geht es auf in die Medina um der Caro schon mal diese einzigartige Atmosphäre näher zu bringen. Es ist immer wieder faszinierend in diese uralte Innenstadt abzutauchen. Dieser unüberschaubare Ort des Handelns und Feilschens, der einen aufsaugt wie einen Schwamm, einen runterschluckt und mit seinen Gerüchen, Geräuschen und visuellen Überforderungen verdaut, um einen dann völlig ausgelaugt und visuell überfordert wieder auszuscheiden.

Für den Erstbesucher oder die Erstbesucherin wie Caro, tritt relativ schnell eine völlige Sinnesüberflutung auf und auch wir sind jedes mal aufs Neue völlig im Bann dieser pulsierenden Medusa.

Nach knapp drei Stunden sind wir erschöpft im Riad zurück, wir haben den Stoffmarkt, den Ledermarkt, das Handwerkerviertel und den sich anschliessenden Markt der tausend nutzlosen Dinge gesehen (hier werden Dinge verkauft die bei uns im besten Falle im Müll landen würden), drei Schlepper erfolgreich abgewehrt und kein einziges Geschäft von innen gesehen.

Wir sind einhellig der Meinung, dass wir uns den Aufenthalt im Whirlpool redlich verdient haben und machen von selbigem ausgiebig Gebrauch. Auch das Sonnenbaden darf nicht fehlen. Diesen Zustand der tiefen Entspannung erhalten wir bis zum späten Nachmittag.
Wir wollen dem Supermarkt einen Besuch abstatten, laut Aussage von Jean Jacques gibt es dort jetzt auch Alkohol zu kaufen. In der Erinnerung war der Weg zum Supermarkt doch deutlich kürzer als in der heissen Realität. Umso schöner die Aussicht die Strecke schwer bepackt mit Wein (Kasbah – lecker!), Bier (Kania – lecker!), Obst Wurst und Käse wieder zurück anzutreten. Der Schrittzähler zeigt deutlich über 14.000 Schritte an als wir wieder im Riad sind. Zur Belohnung gibt es ein Bier für mich.

Völlig ausgehungert geht es nun zum Platz der Gaukler, Geschichtenerzähler, Schlangenbeschwörer, Saftverkäufer und, was uns gerade am wichtigsten ist, der Grillmeister. Jamaa El Fna – Platz der Gehängten, du hast uns wieder.

Wir lassen uns diesmal nicht lange bitten und nehmen bei einer der ersten Grillstationen platz. Für jeden wird sofort ein Brot parat gelegt und dazu gibt es zwei verschieden Saucen, eine scharf und eine mild. Abgerundet wird das Ganze durch sehr milde Oliven. Wir verzichten auf gegrilltes und bestellen drei Tajinen, das Traditionsgericht aus dem Tontopf, die Mädels mit Huhn und Gemüse und ich mit Garnelen. Dazu gibt es eine grosse Flasche Wasser. Zufrieden bezahlen wir die verlangten 16DH (ca. 15€) für das gesamte Essen und schlendern noch ein wenig über den Platz.
Das bunte Treiben ist immer wieder verzaubernd und versetzt den Betrachter zurück in eine längst vergessene Zeit im Orient. Musiker geben ihr Stücke zu Gehör, umringt von Einheimischen die gebannt lauschen oder eifrig im Takt mitklatschen. Geschichtenerzähler lesen ausdrucksstark ihr Geschichten aus einem mit einer fackelähnlichen Lampe beleuchteten Buch vor. Jeder preist seine Kunst an so gut wie er kann und jeder versucht es lauter als sein Nachbar.

Unser Weg führt am Rande des Platzes zurück, wir passieren die Saftverkäufer die mich mit den schönsten Namen rufen um auf sich aufmerksam zu machen. Der eine ruft mir unaufhörlich Barthez hinterher, der andere hält es für eine gute Idee mich als Bruce Willis zu betiteln und zu sich zu locken. Ich widerstehe beiden und wir setzen unseren Weg zurück ins Riad fort. Wir werden unaufhörlich aufgefordert in eines der unzähligen Restaurants einzukehren, manchmal sogar recht originell. Nach dem die Nationalität erfragt ist schiessen die Sprüche nur so aus dem Anwerber hervor: “Oh schon gegessen? Ja? Dann morgen – oder guckt mal da sind drei Plätze frei, man muss das Eisen schmieden solange es noch heiss ist!”. Amüsiert gehen wir weiter und kehren zurück ins Riad. Dort spielen wir noch eine Runde Skip Bo und lassen uns von den Mücken stechen.

Erschöpft geht es ins Bett – bis das der Muezin unseren Schlaf unterbrechen möge.

Lange Tage und angenehme Nächte

Sascha

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