Freitag der 16.09.2011
Es ist 13:00 Uhr, pünktlich erscheinen die Arnolds mit dem Audi Q7 um uns abzuholen.
Wir haben bescheidenes Gepäck dabei, eine Tasche nur, in etwa so groß wie der Q7 und Bettzeug und einen kleinen Rucksack. Als sich der Kofferraum öffnet haben wir erste leise Zweifel, ob denn unser Gepäck noch unterkommt. Andreas und Sabines Gepäck ist nur in etwa halb so groß wie unseres, allerdings steht der Rest des Kofferraums voll mit Lebensmitteln, wie Bier, Sekt und eben anderen unverzichtbare Dingen. Wir quetschen unser Zeugs rein und fragen uns ernsthaft wie da noch Gepäck von Thomas (unser Skipper) mit rein soll. Wir werden es gleich erfahren.
Wenige Minuten später stehen wir vor seinem Haus, nahen Angehörigen teilt er noch kurz mit, dass er dieses Wochenende mit uns am Bodensee ist, dann wird doch die logistische Meisterleistung vollbracht und sein Gepäck verschwindet auch in der gefräßigen Heckklappe. Einzig unser kleiner Rucksack muss mit auf die Rücksitze. Auf geht es, die lästige A8 bis Ulm runter und dann ab zum Bodensee. Mit einigen Staus brauchen wir etwa 4 Stunden bis zu unserem Ziel: Kressbronn am Bodensee.
Thomas erledigt alle Formalitäten beim Hafenmeister und dann dürfen wir ausladen und unser Schiff entern, eine Bavaria 32 Segelyacht.
Andreas legt noch schnell seine Armbänder mit Akkupressurpunkten an, die ihn vor der gefürchteten Seekrankheit schützen sollen. Nachdem wir unser bescheidenes Gepäck auf den Steg gewuchtet haben, geht es an das Verladen. Erstaunlich was alles so rein passt in ein kleines Schiffchen. Unsere Yacht verfügt über zwei kleine und überschaubare Kabinen. Die mit der einseitigen Kopfhöhe von 30 cm nehmen Carmen und ich, die andere mit einem V-förmigen Bett beziehen Sabine und Andreas. Die hat nach oben mehr Platz was besser ist für Sabines Platzangst.
Thomas muss mit der Bank im Innenraum vorlieb nehmen, das ist halt das Schicksal des Skippers. Ich mache mich mit der Yacht vertraut in dem ich beim Beladen erstmal auf dem Aufnehmer vor der Treppe ausrutsche und mir mein Schienbein aufs Heftigste an der untersten Stufe anstoße. Prima, ich bin da!
Kurze Zeit später laufen wir aus. Der Wind bläst kräftig mit 0 Km/h und wir fahren mit Motorkraft Richtung Aborn in der Schweiz. Beinahe haben wir vergessen unsere Abfahrt zu begießen, aber das wird umgehend nachgeholt. PROST! Thomas erklärt uns die wichtigsten Handgriffe auf einem Segelschiff. Die wären:
1. Schalter und Startknopf für den Motor
2. Ruder zum Lenken
3. Kühlschrank für Bier, Sekt und (leider auch) Lebensmittel
Über das Setzen der Segel und die Bedeutung und Bezeichnung der vielen Stricke, Taue, Schnürle oder was auch immer, werden wir auch schon mal theoretisch aufgeklärt. Die Sonne scheint in ihrer vollen Pracht auf uns herab und kurz vor Arborn geniessen wir einen herrlichen Sonnenuntergang, übrigens auch ein guter Anlass für ein weiteres Kaltgetränk.
Mit der Dämmerung laufen wir in den Hafen ein. Es wird Zeit für die sanitären Einrichtungen (das seltsame Boardklo will nicht wirklich benutzt werden) und auch der knurrende Magen will bedient werden. Carmen und Sabine bereiten ein köstliches Mahl zu, bestehend aus leckerem Kartoffelsalat von Sabine und köstlichen Brühwürsten. Dazu noch gebratene Datteln im Speckmantel. Um den Abwasch darf ich mich dann kümmern, alles nur weil ich mal was von Frau und Küche und natürlicher Umgebung geschwätzt habe…
Wir lassen den Abend mit Ouzo, Bier und anderen Getränken gemütlich ausklingen. Irgendwann kommt dann auch noch das andere Schiff an, das von einem Kollegen von Thomas betreut wird. Wir begrüßen noch kurz die Ankömmlinge, die neben uns fest machen und gehen gegen Mitternacht erschöpft in unsere Kojen. Ich vermesse noch kurz die Kopfhöhe auf der niedrigen Seite mit meinem Schädel und schlafe dann zusammen mit Carmen schnell ein.
Gefühlte 10 Minuten später bricht plötzlich die Hölle los (in Wirklichkeit ist es bereits 03:00 Uhr morgens). Es rumpelt auf dem Schiff, dann plätschert es los, als würde ein Regenguß auf uns nieder gehen. Dann wieder ein Poltern und danach ein Gepumpe und Geschlürfe. Das Radio geht noch mal kurz an und dann ist plötzlich Ruhe. Wären wir in Somalia unterwegs, wir hätten mit unserem Leben abgeschlossen, aber Piraten in der Schweiz wollen wir einfach nicht vermuten. Wir schlafen wieder ein.
Gegen 08:00 Uhr treibt mich ein dringendes Bedürfnis auf die Toilette, Thomas liegt auf seiner Bank und gibt röchelnde Geräusche von sich. Komatösen Schlaf würde man sowas nennen. Ich kehre kurz zum Schiff zurück und hole meinen Fotoapparat, dann streife ich etwas in Aborn rum und kehre gegen 09:30 Uhr wieder zurück zum Schiff. Carmen ist auch noch mal weggedöst und unser Skipper bietet ein unverändertes Bild. Ich habe akuten Kaffeeentzug und vermute, dass Thomas genau über unserer Kaffeeemaschine schläft, da ich sie sonst nirgends entdecken kann. Irgendwann kehrt das Leben zurück in ihn und nach einem kurzen guten Morgen bitte ich ihn inständig aufzustehen (ok – war wohl mehr ein Befehl) damit ich endlich an das schwarze Gold komme. Schlaftrunken erklärt er mir, dass der Kaffee sich hinter der Rückwand der anderen Bank befindet. Upsss.
Während ich Kaffee koche fragt mich das Gespenst von der Bank ob er denn gestern leise genug war, als er nachts um drei vom Nachbarschiff wiederkam. Er hätte noch kurz draussen geduscht und sich größte Mühe gegeben keine Geräusche zu verursachen. Ich kann ihm versichern das wir nichts mitbekommen haben, aber das es wohl zur gleichen Zeit einen schweren Tsunami im Bodensee gegeben hat. Andreas und Sabine, auch putzmunter inzwischen, berichten von gleichen Erlebnissen. Unser Skipper wird etwas nachdenklich. Als dann vom Nebenschiff nach Aspirin verlangt wird brauchen wir auch keine weiteren Erklärungen mehr.
Wir frühstücken gemütlich und dann gehts ab in Richtung Bregenz. Jeder darf das Schiff mal steuern und es werden sogar die Segel gesetzt. Durch eine Fahrrinne steuert uns Carmen sicher zu einer Bucht.
Frau am Steuer – sicher und souverän
Wir lernen dabei wie man Segel richtig setzt und wie man all die Leinen richtig bedient. Es ist einfacher als man sich vorstellt. Wir ankern in der Bucht.
Andreas und Thomas können es nicht lassen und springen in den Bodensee. Mutig mutig! Ich kriege schon Gänsehaut vom Zugucken, später erfahren wir, dass die Wassertemperatur 20 Grad beträgt. Nach dem Baden wird es Zeit den Gulasch zu vertilgen, den Sabine fürsorglicher Weise vorgekocht hat.
Dumm nur, dass die Gasflasche schon nach kurzer Zeit leer ist. Noch dümmer, dass die Ersatzflasche den gleichen Inhalt aufweist. Wir essen unseren Gulasch dann eben lauwarm. Schmecken tut er trotzdem.
Der Anker wird gelichtet und wir fahren weiter nach Bregenz. Kaum dass wir im Hafen liegen ist es Schluss mit dem schönen Wetter. Regen setzt ein und später werden wir Bregenz umtaufen in Regenz. Wir wollen uns noch etwas Kultur antun und eine Ausstellung von Ai Weiei besuchen, leider schliesst diese gerade. Wir trinken also noch eine Kleinigkeit und kehren dann zum Schiff zurück. Das Abendessen nehmen wir bei einem Griechen ein und sind angenehm überrascht von der Qualität der Speisen.
An Board wird noch der Durst gelöscht, den Zaziki unweigerlich hervorruft. Dazu spielen wir „Nobody is perfect“. Andreas stellt sich als hervorragender Geschichtenerzähler raus und gewinnt souverän. Wir beginnen noch ein Runde Phase 10, die wir dann aber müdigkeitsbeding (Thomas hat doch einige Schwierigkeiten durchzuhalten, schlägt sich aber tapfer!) gegen 02:00 Uhr abbrechen.
Der nächste Morgen empfängt uns mit Regen und Wind, aber auch mit frischen Brötchen, die unser tapferer Skipper schon beim Bäcker geholt hat. Nach dem Frühstück laufen wir unter Starkwindwarnung und Segeln aus. Der Bodensee hat sich über Nacht in ein tosendes Meer verwandelt. Andreas setzt noch die Genua (das Vorsegel) um dann festzustellen, dass seine Akkupressur-Armbänder ihre magische Wirkung verlieren. Das Schiff liegt schräg im Wind und schaukelt sich durch die Wellen.
Schräglage bei Seegang
Andreas geht unter Deck, ihm wird plötzlich heiß, er zieht seine Schwimmweste und Regensachen aus und lässt sich kurze Zeit später das Frühstück noch einmal durch den Kopf gehen. Sabine verarztet ihn mit einer Reisetablette und bald geht es ihm zumindest wieder so gut, dass er an Deck sitzen kann. Die Segel holen wir wieder ein, der Wind kommt nämlich ausgerechnet aus unser Fahrtrichtung. Es geht also mit Motorkraft zurück. Carmen friert und will sich unter Deck aufwärmen, keine gute Idee, nach kurzer Zeit ist sie wieder da und hat auch sofort die Tüte in der Hand, die Andreas nun nicht mehr benötigt. Mit grosser Willenskraft vermeidet sie es sie zu füllen.
Alle sind froh, nach knapp 2 Stunden wieder im ruhigen Hafen zu sein. Wir packen unsere Sachen und essen noch ein wenig. Dann wird das Schiff übergeben und es geht mit vielen Staus zurück nach Untergrombach.
Wir bedanken uns für das schöne Wochenende bei Thomas, der uns viel über diesen interessanten Sport beigebracht hat, und natürlich auch bei Sabine und Andreas, die uns spontan aufgefordert hatten diesen Törn mitzumachen und uns sicher gefahren haben.
Es war ein tolles Erlebnis mit netten Freunden, was will man mehr? Nichts!
Lange Tage und angenehme Nächte
Sascha