Trip to Australia – Darwin to Adelaide (The Ghan)

25.5.2016 – 27.5.2016

Von Darwin nach Adelaide mit dem Ghan

Die letzten Tage im Dschungel war ich eher faul und habe in den Tag hinein gelebt.
Und so kommt der unvermeidliche Freitag an dem ich mich von der freundlich verrückten Jungle-Crew verabschiede. Keira bringt mich morgens um 07:30 Uhr zum Ausgangspunkt meiner dreitägigen Zugreise nach Adelaide.

Gegen 08:00 Uhr erreichen wir den Bahnhof, gut zwei Stunden vor der Abfahrt. Dementsprechend leer ist es dort noch. Der Ghan steht bereits dort in seiner vollen Pracht. Eine gut 1 km lange silberne Schlange mit einer Aluminiumhaut. Unfassbar wie lang dieser Zug ist. Zwei Diesellokomotiven sind angespannt und das Ende des Zugs ist nicht zu sehen.

Ich gebe mein Gepäck auf und nehme entspannt im klimatisierten Warteraum platz. Gegen 09:00 erhalte ich meine Bordkarte. Inzwischen ist eine Band angekommen, die uns mit munterer Countrymusic unterhält. Ich frage nach einem Upgrade in die Goldklasse, werde aber auf Alice Springs vertröstet, da bis dahin der Zug in der höheren Klasse ausgebucht ist.

Kurze Zeit später öffnen sich die Türen zum Zug und ich betrete die Red-Class, die sogenannte Backpacker-Class. Es ist nur ein Wagon mit einem weiteren Wagen in dem sich das zugehörige Café Mathilda befindet. Es sind nur die Hälfte der Sitze belegt und ich mache es mir an meinem Fensterplatz gemütlich. Der Sitz neben mir bleibt frei. Vor mir sitzen zwei deutsche und zwei österreichische Mädchen, die sich auf einem einjährigen Work and Travel Trip befinden. Ich gebe mich nicht als Muttersprachler zu erkennen und geniesse es nur zuhören zu müssen. Gesprochen habe ich in den letzten Tagen genug.

Die Sitze verfügen über einen grosszügigen Abstand zueinander und lassen sich sehr weit nach hinten zurücklehnen. Einzig für die Beine muss man sein Handgepäck bemühen um diese hochzulagern. Alles wirkt etwas altbacken und leicht abgenutzt. Modernen Schnickschnack wie WiFi sucht man vergebens. Es ist eine der letzten Fahrten auf der die Klasse angeboten wird. Der Service wird im Juni eingestellt 🙁

Wir tuckern halbwegs pünktlich um 10:30 Uhr los. Wayne, unser Zugbegleiter in der gut und günstig Abteilung gibt uns kurze Instruktionen. Man solle bitte nicht die Dusche im hinteren Abteil benutzen, diese wäre eine australische Erfindung und würde binnen Minuten das gesamte Abteil fluten. Die Steckdosen zwischen den Wagons wären 400 Volt Steckdosen die zu leichten Schäden an eingesteckten Geräten führen könnten. Zum Laden von Telefonen und Computern würde es zahlreiche Steckdosen im Café geben, also eine vorne und eine hinten und nicht zu vergessen noch eine auf der Toilette. Man solle bitte mit Rücksicht auf andere Passagiere diese nicht länger als eine Stunde in Beschlag nehmen. Ich freue mich unverzüglich über meine 16Ah Powerbank und lehne mich zurück.

Der Zug bewegt sich wahrlich nicht im Rekordtempo, sondern gleitet gemächlich vor sich hin. Dennoch verlassen wir sehr bald Darwin und die Landschaft geht in den sogenannten Bush über. Hier gibt es eine Mischung aus Bäumen, Palmen und Sträuchern zu sehen, ein Känguru hüpft zum Abschied an den Schienen entlang und wir nähern uns nach wenigen Stunden dem ersten Zwischenstop, Katherine.

Im Zug habe ich einen Ausflug gebucht der mich mit dem Boot durch die Schluchten des Nitmiluk Nationalparks bringen soll. Am Bahnhof warten schon die Busse und ich besteige zusammen mit den Passagieren der Gold- und Platinum-Class den passenden zu meiner Tour. Hier besteht der Unterschied zwischen den Klassen darin, dass ich 100AUD bezahle und für die Exklusivreisenden der Ausflug inkludiert ist. Schlagartig fühle ich mich wie bei einer Kaffeefahrt des Altenheims. Wenn ich jetzt aussteigen würde, wäre der Altersdurchschnitt wohl auf 70 Jahre gestiegen. Mit einer Busladung voll grölender und lachender Australier geht es ab in Richtung Nitmiluk Nationalpark. Leichte Reue steigt in mir auf.

In den 35 Kilometern bis zum Park bleibt mir genug Zeit mich in mein Schicksal zu fügen. Dort angekommen stehe ich in einer langen Schlange mit den Mumien und warte darauf auf eins der Boote gelassen zu werden. Ich mache mir ernsthaft Sorgen ob die das alle überleben bei knapp 40 Grad in der Sonne. Etwas Schatten spenden einige Bäume. Unter denen zu verweilen birgt allerdings das Risiko von dutzenden von Fledermäusen in den Zweigen zugeschissen zu werden. Der Boden ist bereits schwarz gefärbt von deren Hinterlassenschaften.

Endlich auf dem Boot geht es dann auf dem Katherine River hinein in die Sandsteinschluchten. Das Boot stoppt nach gut einem Kilometer und wir müssen aussteigen. Dieser Ort ist ein heiliger Ort der Aborigines und es gibt noch historische Felsmalereien zu bestaunen. Einige der wenigen Hinterlassenschaften dieser alten Kultur, die heute leider zum größten Teil nicht mehr existiert und in eine Minderheit abgedrängt ist, die mit schweren Alkoholproblemen zu kämpfen hat. Von den meisten Australiern werden sie schlichtweg ignoriert. Eine Parallelgesellschaft, die nie wirklich eine Chance bekam im modernen Australien der Weissen.

Wir folgen einem Pfad auf dem Felsplateau um einer etwas höher gelegenen Stelle wieder in ein weiteres Boot zu steigen. Es bringt uns weiter hinein in die beeindruckenden Schluchten. Wir sehen Süßwasser-Krokodile und Felsformationen die magisch im Sonnenlicht funkeln. Ich muss zugeben, die Kaffeefahrt ist viel besser als erwartet. Zwei Stunden nach deren Beginn bringt uns der Bus zurück zum Zug.

Es geht weiter nach Alice Springs, das wir am nächsten Tag gegen 09:15 Uhr erreichen sollen. Am Fenster zieht das Outback vorbei. In meiner Vorstellung eine karge Marslandschaft aus rotem Wüstensand, in der Realität aber doch recht grün. Bäume und Sträucher wachsen selten höher als zwei Meter, aber dazwischen wächst doch etliches Grün. Im Zug wechselt man recht schnell die Kleidung, da die Klimaanlage einen recht schnell frieren lässt. Ab 22:00 Uhr wird die Kabinenbeleuchtung auf ein Minimum reduziert und die Gespräche verstummen recht schnell. Ich wache mehrmals leicht unterkühlt auf und wickele mich in mein Reiseschlaftuch.

Gegen sechs Uhr morgens schleiche ich in das Mathilda Café, das mir am Abend zuvor schon gute Nachos für günstige 8 AUD geboten hat. Wayne ist schon dort und spendiert mir mit verschwörerischer Geste einen Kaffee. Es soll niemand von der noch anwesenden Crew mitbekommen, dass ich diesen nicht bezahlen muss. Wir unterhalten uns kurz und dann versuche ich noch etwas zu schlafen. Der Sonnenaufgang im Outback hält mich dann aber doch davon ab.

In Alice Springs verlassen einige Gäste den Zug um dort zu bleiben und in den nächten Tagen den Uluru zu besuchen, einigen besser bekannt als Ayers Rock. Ich steige zusammen mit einer französischen Journalisten aus. Mélinda hat eine Reportage über den Ghan gemacht und will nun drei Tage in Alice Springs bleiben. Im Zug hat sie Bekanntschaft mit Ira, einer Ärztin aus Augsburg, Bekanntschaft geschlossen. Da Ira Alice Springs bereits kennt und Mélinda zum Hostel begleiten will schließe ich mich den beiden Frauen an.

Alice Springs ist eine Kleinstadt mitten im Nirgendwo. Wir laufen durch die einzige Einkaufsstraße und bringen Mélinda dann in ihr Hostel am Rande der Stadt. Sie will sich das Museum der fliegenden Ärzte ansehen und Ira eine Ausstellung über berühmte Pionier Frauen Australiens. Da beide nebeneinander liegen wandern wir weiter gemeinsam dorthin. Vorher genießen wir noch ein Eis und Ginger Beer in einem Café an der Einkaufsstraße.

Am Museum trennen sich dann unsere Wege. Die Ausstellung ist eher enttäuschend und in einem ehemaligen Gefängnis untergebracht, na die scheinen mich wohl zu verfolgen – siehe Melbourne! Auf dem Rückweg verlaufen wir uns und müssen nach dem Weg fragen. Wir schaffen es aber pünktlich zurück zum Zug und ich verwerfe meine Pläne für ein Upgrade. Vor der Abfahrt erzählt Wayne uns noch eine Story aus seiner Zeit bei der Royal Australien Air Force.

Wayne hat bei der australischen Luftwaffe gearbeitet, wurde verrentet und ist dann mit seiner Frau in Adelaide zusammengezogen, sie wohnten vorher getrennt, er in Darwin, sie in Adelaide. Zwei Jahre später waren sie geschieden und er hat sie ausbezahlt. Um den finanziellen Verlust zu komprimieren heuerte er im Ghan an.

Er erzählt eine Geschichte über die Zeit wo er als Flugbegleiter für Regierungsmaschinen zuständig war. 2011 besuchte Guido Westerwelle Australien, er kam mit der neuen Regierungsmaschine der deutschen Luftwaffe. Die Ausstattung der Maschine überstieg alles was Wayne bisher gesehen hatte, selbst die amerikanische Präsidentenmaschine.

Westerwelle landesweit in Australien unterwegs. Der Flugingenieur vom Bodenpersonal der australischen Luftwaffe entdeckt neben dem Einstieg das eiserne Kreuz, nachdem der Vize-Kanzler eingestiegen war zum Weiterflug in eine weitere Stadt überklebte er kurzer Hand das Eiserne Kreuz mit dem roten Känguru, die Kokarde der australischen Luftwaffe. Als die Maschine gelandet war und Westerwelle ausstieg, wurde dies von der versammelten Presse gefilmt. Die Kamera schwenkte dabei über das Flugzeug und zoomte in das überklebte Luftwaffensymbol.

Der verantwortliche Techniker durfte sich daraufhin einen gehörigen Anschiss abholen. Es hat sich von den Deutschen Offiziellen niemand beschwert, lediglich der Flugkapitän reichte eine Beschwerde ein, er war sauer, weil NIEMAND sein Flugzeug bekleben dürfe.

Der Ghan setzt seine Reise fort und wir werden an Board mit einem malerischen Sonnenuntergang belohnt. Gegen 22:00 Uhr halten wir in Manguri, in der Nähe von Coober Pedy. Hier gibt es für die Fahrgäste zwei Lagerfeuer, ein sehr kleines mit vier Holzscheiten für die Red-Class und ein mannshohes für die Gold- und Platinum-Gäste. Beide streng getrennt. Dennoch ist es schön für eine knappe Stunde den teilweise wolkenbedeckten Sternenhimmel zu sehen und sich etwas die Beine zu vertreten. Der nächste Stop wird auch der Letzte sein – Adelaide.

Nach einer weiteren kühlen Nacht im Zug erreichen wir Adelaide gegen 11:30 Uhr. Begrüßt werden wir von sintflutartigen Regenfällen und eisigen 14 Grad. Ich will unverzüglich zurück in die Wärme!

Ich verabschiede mich noch von Wayne und wünsche ihm einen schönen Ruhestand. Ich habe seine Gesellschaft sehr genossen.

Lange Tage und angenehme Nächte!

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